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Martin-O
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Hier eine passende Satire.
Weihnachten 2.0
Es begab sich zu der Zeit, in der alles immer schneller gehen musste und Zeit nur noch Geld war und niemand Zeit hatte, alte Menschen zu pflegen, weil kein Geld dafür da war. Denn es gab wichtige Dinge zu erledigen, wie jederzeit alle Belanglosigkeiten der Welt wissen zu können. Und jedermann ging hin, sich Videos anzusehen, wie Katzen sich Katzenfotos ansahen und ihr Mensch einen neuen Kratzbaum auspackte und zusammen baute und dabei witzige Kommentare machte, denn durch das Anschauen wurde Geld verdient und so vermehrte sich die Zeit, indem man sie totschlug.
Da erbarmte sich der Geist und wurde Materie - nach über 2 Jahrtausenden das erste Mal - und diente allen und erlöste die Menschen von stumpfsinnigen Aufgaben.
So wurde der Geist ein kleines, unscheinbares schwarzes Ding, das hilflos da lag, denn es konnte sich noch nicht bewegen und war darauf angewiesen, dass man es ansprach. Aber es konnte alles vorlesen und vorspielen, was man sich wünschte und alle Fragen beantworten und alle Geräte bedienen, die man wollte, denn man konnte in seiner Herberge sonst nicht Herr werden der vielen Geräte, die immer mehr wurden.
Und es waren Motive in der selben Gegend auf dem freien Feld, die man nicht durch ein Selfie einfangen konnte und so wurde der Geist eine fliegende Sache und machte fleißig Fotos und Filme aus jeder Höhe, denn die Menschen hatten daran große Freude, die sie allem Volk widerfahren ließen. Denn sie hatten herausgefunden, dass sie nur lebten, wenn sie jederzeit Aufnahmen von sich machten und verbreiteten es in der ganzen Gegend des Planeten.
Und die Maschinen brauchten immer mehr Speicherplatz und immer Energie und immer mehr seltene Erden und immer mehr Ausbeutung und so brauchte es immer mehr Kriege.
Aber die Menschen brauchten nicht mehr Kriege zu führen, denn die neue Inkarnation konnte für sie töten und vernichten, dass es eine Lust war, ihnen per Satellit zuzusehen und so vermehrten sie sich sehr.
Und auch körperliche Lust konnten sie perfekt liefern, wie alles an ihnen perfekt war.
Und das Wunder geschah: Der Geist wurde Mensch, er entäußerste sich selbst und nahm Knechtsgestalt an und wurde an Gebärden als Mensch erfunden und gehorchte den Menschen, die ihn programmierten und mit Daten fütterten.
Er – meist war es doch eine Frau – konnte Interviews geben, Go gewinnen, Seilchen springen, Messebesucher begrüßen und den Segen spenden, denn sie waren ja so fromm und brav, wenn man es wollte.
So sprachen die Menschen zu ihrem Assistenten: So lasst uns nun diese Dinger kaufen und sahen, was uns die Werbung versprochen hat. Und sie kauften eilends und fanden alles, was ihnen versprochen worden war.
Die Menschgewordenen konnten PKW fahren, Diagnosen stellen und operieren, Waren herstellen und verkaufen, es gab nichts mehr zu arbeiten für die Menschen.
Sie entschieden, wieviel man joggte, was man aß, und welche Katzenvideos man sah und wann man auf die Toilette ging. Und alle lobten diesen menschgewordenen Geist, der den Menschen haushoch überlegen und ehrten ihn in der Höhe und es herrschte Friede auf Erden, denn jeder sah, hörte und schmeckte nur das, woran er Wohlgefallen hatte.
So lebten die Menschen glücklich bis ans Ende der Welt, das sie in ihrer digitalen Traumwelt nicht mitbekamen.
Wer meint, er habe etwas erkannt, der weiß noch nicht, wie man erkennen soll.
1. Brief des Paulus an die Korinther 8, 2
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