Michael, meine Antworten zu deinen Anmerkungen, wo wir konträr sind:
Cyborg schrieb:
Da es außerdem noch den sog. „Dirac-See“ aus Seequarks, Mesonen sowie Gluonen (ohne Ruhemasse) im und um das Proton bzw. Neutron gibt und alle diese Elementarteilchen über die QCD in einem muteren stetigen „Quantenfeuerwerk“ wechselwirken, sich umwandeln (Farbänderung Stromquarks) bzw. spontan entstehen und verschwinden (Gluonen, Seequarks und Mesonen)...
Einspruch: Mesonen sind meines Wissens nicht in den Nukleonen (Neutronen/Protonen) aktiv, sondern ausserhalb und binden sie zum Atomkern zusammen (Kernkraft).
Stimmt, deshalb habe ich ja "im und um das Proton und Neutron" geschrieben
Cyborg schrieb:
Die Komplexität der Wechselwirkung und unterschiedlichen energetischen Verhältnisse in den verschiedenen Atomkernen der Elemente führen nun auch dazu, dass streng genommen ein Proton im Wasserstoffatom sowie auch ein Proton im Urankern eine höhere Masse haben als ein Proton in z.B. einem Eisenkern.
Kann ich nicht nachvollziehen. Meinst Du den Massendefekt?
Genau
Cyborg schrieb:
Schicken wir nun unser kleines Feuerwerkspaket namens Proton oder Neutron im LHC auf die Reise und beschleunigen es auf 40% der Lichtgeschw., so nimmt seine Masse gemäß dem Lorenzfaktor um ca. 20% zu.
Nach meiner Interpretation setzt nun das Higgsfeld dieser Gesamtmasse von 120% unseres Protons oder Neutrons ( um in der Beispielrechnung von oben zu bleiben) einen Widerstand entgegen, wenn wir seine Geschwindigkeit verändern wollen, was wir wiederum als Trägheit interpretieren.
Genau das halte ich (sowie Bäker u.a.) für falsch.
Müssen wir event. unterscheiden zwischen dem nackten Higgsmechanismus, der vielen Elementarteilchen ihre Masse verleiht und andererseits der Tatsache, dass das Higgsfeld generell jeder Geschwindigkeitsänderung von Massen einen Widerstand entgegensetzt, und zwar auch den relativistischen? Das ist ja genau der Punkt, der mir nicht klar ist. Was bedingt denn sonst die Trägheit, die eigentlich rein fundamental etwas anderes ist als Schwerkraft? Ich wäre dir dankbar, wenn du genau 1-2 Sätze von Bäker rauskopierst, wo klar hervorgeht, dass der Higgsmechanismus nur die Ruhemasse verleiht, aber das Higgsfeld selber nicht für die gesamte verdammte Trägheit verantwortlich ist.
Cyborg schrieb:
Und da werde ich etwas stutzig. Hat der Heilige Gral da am Ende gar einen kleinen, winzigen Riss?
Dass träge und schwere Masse gleich sind, wurde also nur mit hoher Genauigkeit gemessen, und das ist doch höchst interessant!
Würde der Higgs-Mechanismus eine Rolle spielen, würde man einen Unterschied messen.
Das ist genau mein Punkt. Hier müsste man wissen, wie groß wirklich der Anteil der masselosen Gluonen mit ihrer Bindungsenergie an der Gesamtenergie in deinem Neutron ist. Ist er so groß, dass er ins Gewicht fällt, dann müsste es ohnehin einen Unterschied geben, weil eben diese Gluonen nicht mit dem Higgsfeld wechselwirken. Ist er aber verschwindend klein, dann wurde die Differenz bisher event. noch nicht gemessen, es könnte also eine extrem winzige, aber eben prinzipielle Abweichung geben. Aber auch das gilt nur unter Vorbehalt. Denn Gluonen wechselwirken wiederum auch untereinander und aus ihnen können rein theoretisch Glueballs oder Seequarks entstehen, die dann wieder an das Higgsfeld ankoppeln bzw. dem Higgsmechanismus unterliegen. Und das Standardmodell postuliert ja nur masselose Gluonen. Rein experimentell ist nicht auszuschließen, dass sie eine Masse im MeV besitzen. Bedenke, das Standarmodell postuliert auch masselose Neutrinos, die aber - wie man nun weiß - doch Masse besitzen.
Ich bringe es noch mal auf den Punkt:
Die Elementarteilchen erhalten das, was wir als nackte Ruhemasse interpretieren, durch eine Wechselwirkung mit dem Higgsfeld (Higgsmechanismus). Dieser ominöse Mechanismus ist unabhängig davon, ob sich die Teilchen im Feld mit konstanter Geschwindigkeit bewegen oder ruhen.
Die Elementarteilchen werden auch im Higgsfeld nicht abgebremst. Aber die Wechselwirkung hemmt die Beschleunigung und nicht die Geschwindigkeit der Teilchen. Die gehemmte Beschleunigung lässt sie träg erscheinen, was die Physiker als Masse interpretieren.
Und ich frage noch mal hartnäckig: Warum ist bei relativistischer Bewegung dann eine größere Kraft nötig, um diese Hemmung zu überwinden? Oder mal grob bildhaft: Wenn ein Elementarteilchen mal am Higgsfeld "hängt", quasi wie ein Fisch am Haken, dann ist der Mechanismus intakt, der Ruhemasse verleiht. Wenn der Fisch dann, während er am Haken hängt noch fetter wird (Zunahme durch relativistische Masse), dann muss der Angler eben stärker ziehen, um ihn einzuholen, sprich es muss mehr Kraft aufgewendet werden, um die Hemmung durch das Higgsfeld zu überwinden.
Was spricht gegen diese Deutung? Der Lorenzfaktor beschreibt nur mathematisch das Phänomen, er liefert keine ontologische Erklärung für die Trägheit.